20.01.2022 Winter im Moos: Zeit der Landschaftspflege 

 

 

Frühling und Sommer sind im Murnauer Moos die Monate der Freilandarbeit. Verschiedenste Erfassungstätigkeiten, Führungen und Besucherinformation bzw. -lenkung prägen hier das Tagesgeschäft. Bei der Freilandarbeit stößt man regelmäßig auf Flächen, deren Zustand man für seltene Arten verbessern kann. Der Winter ist oft die beste Zeit für die Umsetzung von Landschaftspflegemaßnahmen, denn die schweren Maschinen sinken nicht in den gefrorenen Boden ein und verursachen so auch keinen Schaden. Vegetation, Vögel und Insekten sind zudem im Winter deutlich weniger von Pflegemaßnahmen betroffen, als dies im Frühling oder Sommer der Fall wäre.  

Je nach Lage der zu "pflegenden" Fläche können unterschiedliche Maßnahmen notwendig sein. Ein besonderes Problem im Murnauer Moos ist die zunehmende Verbuschung offener Moorflächen, auch "Sukzession" genannt. Diese Verbuschung ließe sich ausschließlich über Landschaftspflegemaßnahmen nur schwer in den Griff zu bekommen . Viele Flächen werden durch lokale Landwirte im Rahmen des bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms als Streuwiesen bewirtschaftet und hierdurch langfristig offengehalten. Zur Strukturierung der Landschaft können kleine und niedrige Einzelgehölze durchaus Sinn machen, wo die Gehölze jedoch die Oberhand gewinnen verschwinden die Streuwiesen und es entwickelt sich auf kurz oder lang Wald. Viele Stellen sind allerdings so nass oder wurden bereits so lange nicht mehr gemäht, so dass eine reguläre Bewirtschaftung nicht mehr möglich ist oder das Material bei der Pflege über die Maßen beansprucht werden würde. In einem solchen Fall kommen klassische Landschaftspflegemaßnahmen zum Einsatz, um die Fläche je nach Zielzustand für eine Mahd vorzubereiten oder lediglich den Gehölzaufwuchs wieder "auf Null zu setzen". Der Zielzustand richtet sich nach der Lage der Fläche und somit nach der vorhandenen Vegetation und dem Vorkommen verschiedener Insekten- bzw. Vogelarten. Wir verfolgen dass Ziel ein weitgehend offenes Moor mit Wiesen und Weidenutzung zur erhalten, allerdings sollen unterschiedlich alte Entwicklungsstadien den Charakter des Gebiets prägen und so finden sich auch große Flächen mit verschilften Brachen, alten Moorwälder und Wildnisgebieten. 

Im Winter 21/22 stand vor allem die Erweiterung der Vertragsnaturschutzfläche (jährliche Mahd überwiegend zum 01. September), die Pflege von Rotationsflächen (Bearbeitung von Flächen in regelmäßigem Abstand, wenn deren Offenhaltung gewünscht, eine regelmäßige Mahd aber nicht möglich bzw. gewünscht ist) und die Entfernung von Gehölzen im Fokus. Im Weidmoos, einem Kerngebiet des Wiesenbrüterschutzes konnte hierdurch der Lebensraum von Wiesenbrütern deutlich erweitert werden. Wiesenbrüter gelten als "Schirmarten" und stehen stellvertretend für die Lebensraumansprüche vieler Feuchtwiesenarten. Von den umgesetzten Maßnahmen profitieren daher viele weitere seltene Pflanzen- und Tierarten. Erstmalig kam im Murnauer Moos eine Mulchraupe in der Landschaftspflege zum Einsatz, welche von zwei lokalen Landwirten umgebaut und mit einem Forstmulcher versehen wurde. Hierdurch war es möglich eine langjährige und sehr artenarme Dauerbrache mit dichtem Schilf und starkem Gehölzaufwuchs bodenschonend und in einem Arbeitsschritt für die Mahd vorzubereiten. Bei einer Übernahme ins Vertragsnaturschutzprogramm sollen auf dieser Fläche mindestens 15 % Bracheanteil verbleiben, um auch die Habitatansprüche von Braunkehlchen und Wachtelkönig ausreichend zur berücksichtigen. 

Mulchraupe im Einsatz

Auf Sonderstandorten ist spezielles Gerät notwendig, um die Mähbarkeit wiederherzustellen ohne dabei den Torfboden zu zerstören. Von der Mahd profitieren verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Insbesondere den vom Aussterben bedrohten Wiesenbrütern Braunkehlchen und Wiesenpieper, sowie Tagfalterarten der Streuwiesen wird hiermit neuer Lebensraum zur Verfügung gestellt. 

Aufkommende Sukzession im Weidmoos

Aufkommende Sukzession schränkt im Weidmoos, dem Kernlebensraum der Wiesenbrüter im Murnauer Moos, die Lebensraumverfügbarkeit für wiesenbrütende Vogelarten stark ein. Durch den Gehölzaufwuchs können die im Bild zu sehenden Inseln nicht mehr gemäht werden und stellen zumindest kurzfristig eine Strukturanreicherung dar. Die Gehölze erreichen allerdings schnell eine Höhe, welche den offenen Charakter der Fläche reduziert und diese somit entwertet. Zudem etablierten sich - wie im vorliegenden Fall - Massenbestände der Goldrute, einer aus Nordamerika stammenden und hier eingeschleppten Pflanzenart (Im Fachjargon Neophyt genannt). Eine Ausbreitung dieser Art führt zur Überwucherung vorhandener Pflanzenbestände und muss daher bestmöglich unterbunden werden. 

Um ein Aussterben des Kammmolchs im Murnauer Moos zu Verhindern und um der rückläufigen Amphibienpopulation unter die Arme zu greifen wurde vor wenigen Jahren ein Flachwasserkomplex im westlichen Murnauer Moos angelegt. Von Zeit zu Zeit erfolgt eine Freistellung dieser Mulden, so dass diese auch weiterhin als Reproduktionsgewässer genutzt werden können.