Eiszeitrelikte
Als Eiszeitrelikte bezeichnet man Arten, die fernab ihrer alpinen oder arktischen Hauptvorkommen überleben. Am Ende der Eiszeit waren sie bei uns in der Tundrenlandschaft häufig. Im heutigen, gemäßigten Klima können sie sich nur noch auf Sonderstandorten halten (meist offene, nasse Bereiche mit einem besonders kühlen Lokalklima).
Wie in der Tundra Skandinaviens könnte es im Murnauer Moos nach der Eiszeit ausgesehen haben (Foto: H. Liebel)
Einige Beispiele solcher Eiszeitrelikte finden sich im Murnauer Moos:
Die Torfsegge (Carex heleonastes), eine der seltensten Pflanzenarten Deutschlands, hat ihr größtes Vorkommen Süddeutschlands (oder sogar Mitteleuropas?!) im Murnauer Moos (Foto: H. Liebel).
Die Strickwurzel-Segge (Carex chordorrhiza) ist recht unscheinbar. Sie hat Vorkommensschwerpunkte in Skandinavien und den Alpen. Im Moos ist sie ein typischer Vertreter der Eiszeitrelikte (Foto: H. Liebel).
Das Karlszepter (Pedicularis sceptrum-carolinum), ist das spektakulärste Eiszeitrelikt des Murnauer Mooses. Es wird bis zu 100 cm hoch und wächst im Murnauer Moos nur an wenigen Stellen in nassen Streuwiesen. ( Foto: LRA GAP)
Dreizeiliges Bruchmoos (Meesia triquetra), kommt in Deutschland wohl nur noch in Südbayern vor (Foto: M. Lüth)
Die Strauchbirke (Betula humilis) gilt als Eiszeitrelikt in Bayern auch wenn die heutigen Kernvorkommen nicht in Skandinavien sondern in Osteuropa liegen (Foto: H. Liebel).
Von der Zwergbirke (Betula nana) gibt es im Murnauer Moos nur einen Nachweis. Womöglich ist die Art dort sogar von Menschen angesalbt worden (Foto: H. Liebel).
Die Blätter der Heidelbeer-Weide (Salix myrtilloides) erinnern wie der Name sagt, stark an Blaubeerpflanzen. Die Art ist als seltenes Eiszeitrelikt im Moos noch relativ weit verbreitet. Foto: LRA GAP.
Paludella squarrosa ist ein extrem seltenes Eiszeitrelikt, das seit den 1980er Jahren im Moos nicht mehr nachgewiesen werden konnte (gelblich-grünes Moos; Foto: H. Liebel).
Der Moor-Steinbrech (Saxifraga hirculus) ist ein weiteres Eiszeitrelikt, das im Murnauer Moos sein letztes Vorkommen in Deutschland bis in die Mitte der 1990er Jahre hielt und inzwischen aber als ausgestorben gilt.
Das Zierliche Wollgras (Eriophorum gracile) gehört trotz seiner Seltenheit nicht zu den Eiszeitrelikten, da es ein kontinuierliches Areal von Mittel- bis Nordeuropa besiedelt. Der größte Bestand der Art in Mitteleuropa liegt wohl im Murnauer Moos.
Zierliches Wollgras mit Argus-Bläuling (Foto: H. Liebel)